OSTERTRAUMIngo Hauffe (2011)

An Ostern ging ich in den Garten.
Den Sommer konnte kaum erwarten.
Mit dem Nachbarn wir auf Ostern angestoßen hatten.
Heiß die Sonne brannte. Legte mich im Garten nun in den Schatten.
So schlief ich ein ganz tief und fest,
fand mich wieder auf einen Baum in einem Nest.
Soeben ich aus dem Ei geschlüpft,
kommt Mutter Vogel angehüpft.
Sie wetterte so wie ein Sturm,
mich fütterte mit einem Wurm.
Ich sollte endlich fliegen lernen.
Beängstigt schau ich zu den Sternen.
Unten im Garten sah ich mich liegen.
Wie soll das gehen? Wie lerne ich fliegen?
Die Augen ich schließe einfach zu
und springe aus dem Nest im Nu.

Was dann geschehn ich nicht mehr weiß
Und wieder brannte die Sonne heiß.
Es war nicht wenig, was ich mit dem Nachbarn getrunken,
deshalb in tiefen Schlaf versunken.

Was war denn los? Wohin bin ich geflogen?
Wie weit hatte es mich fortgezogen?
Ich pellte mich wieder aus einem Ei,
ganz anderer Körper, Flügel nicht mehr dabei.
Wie kann das sein? Ich war am Nil.
Geboren ich als Krokodil.
Hier muss ich meine Angst erwähnen.
Mutter Krokodil kam an mit großen Zähnen,
mit geöffneten Maul, nicht um zu gähnen.
Mich schnappend, ohne zuzubeißen,
ging sie mit mir zum Fluss auf Reisen.
Ins Wasser setzte sie mich rein,
ich war nicht groß, vor Angst ganz klein.
Sie sagte: „Lerne endlich schwimmen.“
und ich schwamm los, war wie von Sinnen.

Was dann geschehn ich nicht mehr weiß
Und wieder brannte die Sonne heiß.
Es war nicht wenig, was ich mit dem Nachbarn getrunken,
deshalb in tiefen Schlaf versunken.
Mein Zustand unheimlich, dunkel und schwitzig.
Die Schale gerissen, ich selbst ganz glitschig.
Wo ich mich jetzt nun wieder fand,
das war vorm Meer im heißen Sand.
Wo bin ich jetzt nur ausgeschlüpft,
und was da kam, kam nicht gehüpft.
Als ich sie sah, 
die Mama,
konnte mich das nicht entzücken,
ich trug wie sie, ‘nen´ Panzer auf dem Rücken.
Sie schubste mich zum Wasser hin,
schon wieder schwimmen ist nicht drin.
So sagte nur: „ Lern jetzt tauchen.“
Der Schädel fing mir an zu rauchen.
Sollte ich denn jetzt ersaufen?
Ich tauchte, wollt so schnell wie möglich fort, 
wenn´s geht an einem bessren Ort.

Was dann geschehn ich nicht mehr weiß
Und wieder brannte die Sonne heiß.
Es war nicht wenig, was ich mit dem Nachbarn getrunken,
deshalb in tiefen Schlaf versunken.

Ich fühle mich total geprellt,
schon wieder aus dem Ei gepellt.
Irgendwie, ich hatte kein Glück,
gefolgt nur noch von Missgeschick.
Das Eiweiß tropft mir von dem Nabel,
im Gesicht ich trug schon wieder einen Schnabel.
Allmählich kommt mir fast das Weinen,
gelaufen kommt großer Vogel mit endlos langen Beinen.
Strauß Mutter spricht: „Du kannst in der Wüste nicht ersaufen,
nur musst du schnell sein, deshalb lerne laufen.“
Ich lief davon, weiter und weiter,
die Sonne brannte, es war heiter.

Was dann geschehn ich nicht mehr weiß
Und wieder brannte die Sonne heiß.
Es war nicht wenig, was ich mit dem Nachbarn getrunken,
deshalb in tiefen Schlaf versunken.




Wieder ich wachte auf, in einem Ei, benommen,
schlimmer konnte es ja gar nicht mehr kommen.
Das Ei, es knackt.
Ich krieche raus, bin lang und nackt.
Was für ein Tier sollt ich jetzt werden.
Das Schrecklichste für mich auf Erden.
Lang ist sie, tut sich winden und recken,
und will mich auch noch mit langer Zunge lecken.
Welch Graus denk ich, hier ist gar nichts in Butter.
Bekomme ich jetzt noch eine Schlangenmutter?
Sie spricht: „Lerne schnell kriechen!“
Ich konnt diese Mutter nicht erriechen.
Kroch nun davon so schnell es ging,
wollt nicht, daß sie mich wieder einfing.

Was dann geschehn ich nicht mehr weiß
Und wieder brannte die Sonne heiß.
Es war nicht wenig, was ich mit dem Nachbarn getrunken,
deshalb in tiefen Schlaf versunken.

Endlich ist es jetzt vorbei.
Nicht mehr stecke ich in einem Ei.
Bin jetzt glücklich ohne Unterlass,
in meinem Garten sitze ich im Gras.
Doch was ist dies? Ich hätte mir geschworen, 
noch nie so lang waren meine Ohren.
Auch Fell am Körper gar und ganz.
Wieso auch dieser Stummelschwanz?
Herum um mich hunderte Eier, ganz weiß,
von meiner Stirn tropft jetzt der Schweiß.
Nun Haken schlagend aus dem Grase,
entgegen mir kommt der Osterhase.
Ich beruhigte mich ein wenig,
dachte der tut mir eh nichts.
Sag: „Jetzt will ich nach Hause gehen.
Die Eier kann ich nicht mehr sehen.“
Der Hase zu mir: „Hör auf mit dem Gewinsel!
Schnapp Dir jetzt Farben und den Pinsel!
Wir machen jetzt Beeilung
und deshalb gibt es Arbeitsteilung.
Wir haben schon Kar, den Freitag.
Am Sonntag gern jeder bunte Eier hat.
Lange Weile gibt’s jetzt nicht.
Wir schieben eine Sonderschicht.
Bemalte hunderte Eier, nicht besonders toll,
die Schnauze ich hatte gestrichen voll.

Was dann geschehn ich nicht mehr weiß
Und wieder brannte die Sonne heiß.
Es war nicht wenig, was ich mit dem Nachbarn getrunken,
deshalb in tiefen Schlaf versunken.

Nun im Schlaf ich mich hin und her gewandt,
weckte auf und hatte Sonnenbrand.
Die Nase ganz rot
Und nicht nur vom Schnaps,
ich war fast wie tot,
dieser Traum war ´ne Hatz.
Zieh mich am Gartenzaun hoch mit einer Hand.
Schmerzen bereitet der Sonnenbrand.
Nehm den Gartenschlauch und bespritz mich mit Wasser,
Hose und Hemd werden immer nasser.
Jetzt wurde mir langsam etwas wohler
und dachte: „ Geh in die Laube und hol er
Aus dem Kühlschrank das kühle Bier.
Das schmeckt nicht nur dem Nachbarn, sondern auch mir:“
Etwas wacklig der Nachbar stand an seinem Zaun,
Das Osterwasser hätt ihm fast die Füße weggehauen.
Aber jetzt, da waren wir wieder wacker,
wir standen ja auch auf unserem eigenen Acker.
Tranken auf Ostern und auf morgen,
über den Rest machten wir uns keine Sorgen.
Alle das Bier, auch der Nachbar keines mehr gehabt,
Verabschiedung folgte und sich gewünscht ein schöner Ostersonntag.

Was dann geschehn ich nicht mehr weiß
Und wieder brannte die Sonne heiß.
Es war nicht wenig, was ich mit dem Nachbarn getrunken
Und wieder ich im Tiefschlaf versunken.

					

STOP 93 cm x 123cm (2011)

Gemälde STOP